Ob Beschäftige gesundheitliche Probleme haben, weniger am Arbeitsplatz leisten als gewohnt oder sich Konflikte im Team häufen – sobald Schwierigkeiten das Arbeitsverhältnis von schwerbehinderten Beschäftigen gefährden, muss der Arbeitgeber handeln. Er ist verpflichtet, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um den Arbeitsplatz zu sichern. Das nennt sich laut § 167 SGB IX 2018 Präventionsverfahren.
Was heißt das konkret?
Schalten Sie möglichst sofort die Schwerbehindertenvertretung, den Betriebs- und das Integrationsamt ein. Loten Sie gemeinsam und im Gespräch mit den Betroffenen aus, welche Hilfen sinnvoll sind. Sollte sich die oder der schwerbehinderte Beschäftigte weiterqualifizieren, muss der Arbeitsplatz umgestaltet werden oder wäre ein anderer Arbeitsplatz machbar? Ist eine Reha-Maßnahme erforderlich? Oder kommt es infrage, dass ein Fachdienst den oder die Beschäftigte während der Arbeit begleitet und betreut? Diese Fragen müssen Sie nicht alleine klären. Externe Berater wie etwa technischer Berater, der Integrationsfachdienst oder Reha-Berater unterstützen Sie gerne – und klären mit Ihnen auch, wer die Kosten trägt.
Sind Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen krank, dann gilt eine spezielle Regelung: Der Arbeitgeber muss ihnen ein sogenanntes betriebliches Eingliederungsmanagement anbieten. Näheres finden Sie unter betriebliches Eingliederungsmanagement nach § 167 Abs.2 SGB IX 2018.
Falls Sie erwägen, einem oder einer Beschäftigten mit Schwerbehinderung zu kündigen, dann hilft Ihnen das Präventionsverfahren die Gründe zu belegen. Denn das Integrationsamt prüft genau, ob Sie alles unternommen haben, um die Kündigung abzuwenden.
Arbeitgeber können auch Menschen mit Schwerbehinderung befristet beschäftigen. Es gilt wie für Menschen ohne Behinderung auch: Die Befristung ist bis zu einer Dauer von zwei Jahren immer zulässig. So kann ein Arbeitgeber zum Beispiel einen Arbeitsvertrag befristen, wenn er einen neuen Mitarbeiter oder eine neue Mitarbeiter über längere Zeit erproben möchte. So kann er besser einschätzen, ob der oder die neue Beschäftige die Arbeit gut erledigt und in die Belegschaft passt.
Soll die Befristung länger dauern, muss sie einen sachlichen Grund haben. Der Arbeitgeber kann zum Beispiel einen Arbeitsvertrag befristen, wenn er eine Person für ein zeitlich für ein zeitlich befristetes Projekt einstellt oder als Elternzeitvertretung.
Das befristete Arbeitsverhältnis endet automatisch mit Ablauf der vereinbarten Frist. Das Integrationsamt muss nicht zustimmen. Möchte ein Arbeitgeber jedoch vor Ablauf der Frist außerordentlich kündigen, muss er das Integrationsamt einschalten.
Arbeitgeber können Beschäftigten mit Schwerbehinderung ebenso kündigen wie Beschäftigen, die nicht behindert sind. Allerdings benötigen sie dafür laut § 168 SGB IX 2018 die Zustimmung des Integrationsamtes. Die Zustimmung muss ein Arbeitgeber schriftlich beantragen und ausführlich begründen, das heißt, er muss die Kündigungsgründe nennen und beweisen. Bevor das Integrationsamt eine Entscheidung trifft, befragt es sowohl den Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin mit Schwerbehinderung, den Betriebsrat oder die Schwerbehindertenvertretung, wenn es sie im Betrieb gibt, und die Agentur für Arbeit.
Das Integrationsamt prüft insbesondere, ob die geplante Kündigung mit der Behinderung zusammenhängt. Wenn ja, dann stimmt es nur dann einer Kündigung zu, wenn der Arbeitgeber jede zumutbare Maßnahme ergriffen hat, um die Kündigung abzuwenden. Das muss er in einem Präventionsverfahren dokumentiert haben.
Anders sieht es bei verhaltensbedingten Kündigungen aus. Das Integrationsamt stimmt zu, wenn der Arbeitgeber belegt, dass die Person trotz Abmahnung erneut gegen den Arbeitsvertrag verstoßen hat – obwohl er sich anders hätte verhalten können. Betriebsbedingten Kündigungen stimmt es in der Regel zu, wenn der Betrieb stillgelegt oder wesentlich eingeschränkt wird.
Der besondere Kündigungsschutz für Menschen mit Schwerbehinderung ist nach § 173 Abs.1 SGB IX 2018 in einigen Fällen ausgeschlossen. Er gilt zum Beispiel nicht, wenn die Kündigung in den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses ausgesprochen wird. Es gilt auch nicht, wenn zum Zeitpunkt der Kündigung noch nicht nachgewiesen ist, dass der oder die Beschäftigte schwerbehindert ist oder das Versorgungsamt es nicht fristgerecht feststellen konnte, weil die betroffene Person sich nicht ausreichend darum gekümmert hat.